Jaguar stellt den neuen Luxus-Sportler XK vorVON FRANK NÜSSEL (DREIEICH)Änderungen, die Positives bewirken sollen, haben zumeist erstmal schmerzhafte Nebenerscheinungen. Diese Erfahrung hat die Nobeltochter Jaguar aus dem Ford-Konzern gerade gemacht. Und macht sie derzeit noch. Die Ursache ist so simpel wie kompliziert: Jaguar hat sich entschlossen, sich auf seine "Kernkompetenz" zu konzentrieren. In der Diktion des Hauses bedeutet das: exklusives Design, Hochtechnologie und Luxus. Kompliziert ist das vor allem wirtschaftlich. Weil diese Konzentration zur Straffung im Modellangebot führt: da dauert es etwas länger, bis schwarze Zahlen geschrieben werden.
Dennoch oder gerade deswegen scheint Jaguar auf dem richtigen Wege zu sein. Als Krönung der Sportlichkeit kommt jetzt der XK. Zeitgleich und technisch parallel, schufen die Engländer ein Coupé und ein Cabriolet und verfielen nicht in den Fehler, ein Coupé einfach aufzuschneiden und so zum Cabriolet mutieren zu lassen. Da klemmt es meistens an der Torsionssteifigkeit, wie schon der Vorgänger-XK bewiesen.
Während das XK-Coupé wuchtig-elegant den neuen Zeitgeist demonstriert, wirkt das Cabrio zierlicher, ohne dabei an Rasse einzubüßen. Nur Windgeräusche aus dem rechten Frontscheibeneck und Außenspiegelbereich geben akustische Auskunft, wie schnell der Sportler unterwegs ist. Die zweiflutige markante Abgasanlage trägt das Ihre zur Geräuschkulisse bei: Vom sanften Brabbeln im Standgas setzt sich der Achtzylinder mit zunehmender Drehzahl soundmäßig achtbar in Szene - einfach schön.
Das Coupé gibt sich da hörbar zurückhaltender. Das straff-komfortabel ausgelegte Fahrwerk wurde eng mit den 298 PS (219 kW) des V8-Triebwerks verheiratet, ist der Leistung allemal gewachsen und bietet hohe Sicherheitsreserven, wenn Vernunftsgrenzen versehentlich mal kurzzeitig überschritten werden.
Eine 6-Gang-Automatik setzt die Leistungsbefehle sanft, nicht zu schnell um. Wer es richtig wissen will, ob der neue XK die Gene seiner berühmten Vorfahren in sich trägt, der kann die 6 Gänge manuell mit den beiden Schaltwippen ("Paddel") äußerst sportiv und fast rennmäßig-hurtig durcheilen. Das machen selbst die gut 1,7 Tonnen Leergewicht jederzeit locker mit.
Erfreulich: der Innenraum, mit edlem Leder und feinem Wurzelholz verkleidet, kündet auch von Aufgeräumtheit. Beobachtung und Bedienung der Informationsorgane stellen zu keiner Zeit Rätsel dar. Selbst die zentrale Steuereinheit für das Menü geführte Infosystem ist ratz-fatz im Kopf übernommen. Da gibt es im Mitbewerb häufig heftige Turbulenzen. Das in rund 20 Sekunden leise öffnende und schließende Stoffverdeck verschwindet falten-und knitterfrei im Kofferraum, der mit gut 300 Litern Fassungsvermögen bei Coupé und Cabrio gerade ausreicht. Das 2+2-Coupé/Cabrio weist achtern zwei lederne Minigestühle auf, die nur Kleinkindern den Genuss einer Mitfahrt sichern. Solch Luxus hat seinen Preis: 81500 Euro fürs Coupé und 89500 Euro für das Cabriolet sind der Gegenwert für ein Einfamilienhaus nebst Veranda und Garten.
Frankfurter Rundschau online 2006