Moin gents,
ich habe mir den Luftreinhalteplan und Aktionsplan mal reingezogen und stelle fest, dass die Berliner Verwaltung mehr oder weniger hilflos, wie die Spinne im Netz zappelt und mit der Fahrbeschränkung für PKW im Innenstadtbereich zu blindem Aktionismus neigt.
Die Verursacher der durchschnittlich gemessenen Feinstaubbelastung in Berlin setzen sich wie folgt zusammen:
25% Stadt Berlin
25% Land Brandenburg Radius 130 km
50% auswärtige Herkunft (extrem bei Südostwind aus Polen und Tschechien)
Die in Berlin selbst verursachten Feinstaubemissionen setzen sich wie folgt zusammen:
9% Abgase aus KFZ
25% Aufwirbelung aus Straßenverkehr (Bremse, Reifenabrieb, etc.)
3% Baugeräte/Verkehrsmaschinen etc.
15% Anlagen
3% Hausbrand (Heizung etc.)
4% Kleingewerbe
der Rest sind un- bzw. definierbare Quellen
Folglich tragen die Abgase einen Anteil von 2,25% an der durchschnittlichen Feinstaubbelastung in Berlin. In dem Schriftstück wird hierzu deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der weitaus überwiegende Anteil durch den Diesel betriebenen Warenverkehr verursacht wird.
Nehmen wir also an, dass tatsächlich die PKW (und zwar Diesel und Benziner) zur durchschnittlichen Feinstaubverunreinigung innerhalb Berlins mit 0,5% betragen, so erscheint die Maßnahme vollkommen sinnlos.
Aber der Teufel liegt ein wenig im Detail: Gefordert ist an ausgewählten Punkten an stark befahrenen Straßen mit Wohnbevölkerung ein Überschreiten der Höchstwerte an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr. Und hier gibt es in Berlin einige Straße, in denen die zulässige Feinstaubkonzentration an mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten wird. Ursächlich hierfür ist tatsächlich der Fahrzeugverkehr, wie man an Hand von Tabellen und Grafiken feststellen kann. Ursächlich hierfür sind zu je ca. 50 % Dieselabgase und Sekundärbelastung durch Fahrzeuge (Bremsstaub, Fahrbahnabrieb, Reifenabrieb etc.). Den überwiegenden Anteil an der Belastung aus Abgasen verursachen s.o. LKW, Lieferwagen und Busse. Diese sollen nach meiner Kenntnis nicht eingeschränkt werden, Die Sekundärbelastung soll nicht und kann nicht eingeschränkt werden. Bleibt eine Einschränkung der Diesel- und Benzin getriebenen PKW, die betrieben werden soll. Ausserdem soll ein Stadtumbau derart geschehen, dass Bürger ihr Auto öfter stehen lassen. Diese Lösungen werden keinen Erfolg bringen: Wie ich meine, wurde viel zu kurz gedacht.
Deutlich wird in dem Schriftstück aber auch, dass Benzin getriebene Fahrzeuge keinerlei zur Feinstaubbelastung Berlins beitragen. Allerdings sollen sich tatsächlich aus den Abgasen Benzin betriebener Fahrzege Feinstaub entwickeln. Dies soll in einiger Höhe geschehen, wo sich HC, CO, NOX und NO2 mit beispielsweise Ammoniakverbindungen zu Feinstaub entwickeln sollen, der dann einiger dutzend oder hundert Kilometer ausserhalb niedergehen. Da aber eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes bei Blei, HC, und CO von über 80 % seit 1989 festgestellt worden ist, wird die Umweltbelastung der aus Berlin versandten "Feinstäube" nicht ins Gewicht fallen - sie wurden nicht erörtert. Dass Benzin betriebene Fahrzeuge vom Fahrverbot nicht ausgenommen werden, ist mir dann auch vollkommen unverständlich.
Die Begründung hierfür lautet umgangsspachlich:"... und wenn wir schon dabei sind, können wir die G-Kat-losen Benziner auch aussperren...".
Im übrigen wurde in einem Satz (bei ca. 140 Seiten) die Umweltbelastung durch ca. 100.000 Motorräder bei insgesamt 1,3 Mio Fahrzeugen abgehandelt: unrelevant. Auch das ein Fehler. Motorräder mit Kat oder G-Kat sind doch eher die Ausnahme.
Ausserdem gehen die Maßnahmen der landesregierung über die empfohlenen Mindestmaßnahmen hinaus: Diese beinhalten nämlich ein Aussperren der Benziner ohne Kat erst ab 2010. Ab Euro 2 dürfte man ab 2010 bei den Empfehlungen dann wieder rein. - Anders die Planungen des Senats: Ab 2008 dürfen Benziner und Diesel nur ab Euro 2 rein. Ab 2010 dürfen Benziner und Diesel ab Euro 4 rein.
Mit der Wirtschaft sollen Gespräche zum beschleunigten Austausch der Transportfahrzeuge erfolgen - aber ohne Zwang. Im Rahmen des Auswahlermessens wurde von Zwangsmaßnahme abgesehen, da sonst die Versorgung der Berliner Bevölkerung mit Waren und Gütern nicht sichergestellt wäre. Ein Freibrief für die Dampfloks unter den LKW und Bussen.
Soweit zum Thema Feinstaub (PM10).
Zum Thema Stickstoff kann ich mitteilen, dass auch hier an stark belasteten Straßen unzulässig hohe Konzentrationen festgestellt werden, die aber ausschließlich auf den Berliner Verkehr zurückzuführen sind. Bemerkenswert ist hierbei, dass Kat-lose Benziner ähnlich hohe Stickstoffanteile im Abgas haben, wie Euro4 Diesel. Gemessen am Stickstoffausstoss verbietet sich somit auch hier ein Fahrverbot von Benzinern in der Innenstadt - entweder alle oder keiner.
Sinnvoller wäre es, eine Übergangsregelung bei der EU mit dem Hinweis auf die Schadstofffrachten aus Polen und Tschechien zu erwirken. Denn die Osteuropäer haben durchaus eine Übergangsfrist bis zu den Jahren 2015 und länger zur Umrüstung ihrer museumsreifen Anlagen und Fahrzeuge erhalten.......
Berlin hat seine Hausaufgaben innerhalb der vergangenen Jahre hinsichtlich der Abgasreduktion gemacht und steht in der Schadstoffbilanz hervorragend da. Ein weiterer Austausch der Fahrzeugflotte innerhalb der kommenden Jahre wird zu einer weiteren Reduktion führen, da braucht man nicht mit Fahrbeschränkungen, die auf das Abgasverhalten anderer EU-Staaten zurückzuführen ist, arbeiten und die Berliner Bevölkerung unnötig einschränken oder belasten.
Habt Ihr Fragen zum Luftreinhalteplan, meldet Euch.
Schöne Grüße
Dietrich