Autor Thema: Stromberg Vergaser: Drehzahl steigt bei Betriebstemperatur -> dann asynchron  (Gelesen 2304 mal)

Offline ProjectJag

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Hallo zusammen,

nachdem ich mit meinem Vergaser-Latein am Ende bin, habe ich mal wieder eine Frage an die Experten.

Ich fahre einen E-Type Serie 2 Baujahr 1968, 4.2 Liter mit 2 Stromberg 175CD - Vergasern. In kaltem Zustand sind beide Vergaser ausbalanciert, Unterdruck liegt synchron an, die Drehzahl lässt sich auf 850 rpm einstellen.

Nach dem Warmlaufen zeigt sich folgendes Bild: die Drehzahl steigt auf ca. 1900 rpm. Am in Fahrtrichtung hinteren Vergaser messe ich einen deutlich höheren Unterdruck, hier steht der Kolben auch ca. 3-4 mm höher als beim vorderen Vergaser. Ein leichtes Anheben des Kolbens um ca. 2 mm zeigt beim hinteren Vergaser keine Veränderung der Drehzahl wobei die gleiche Prozedur beim vorderen Vergaser die Drehzahl deutlich reduziert und schließlich den Motor abwürgt. Offensichtlich ist beim vorderen Vergaser das Gemisch zu mager, aber nur dann, wenn der Motor heiß ist. Im Übrigen erwärmt sich der vordere Vergaser auch schneller.

Meine erste Diagnose war Falschluft. Also habe ich alle Dichtungen erneuert, die Welle auf Spiel untersucht und die Membranen vorsichtshalber ausgetauscht. Dabei habe ich natürlich die Position der Schwimmer überprüft und die Schwimmernadelventile gereinigt. Der Benzinzufluss schaltet synchron ab nachdem die Benzinpumpe die leeren Vergaser gefüllt hat. Bei meinem Modell sind feste Düsennadeln verbaut, somit ist kein Einstellen möglich. Die Position des Düsenstocks habe ich vermessen, identisch. Die Drosselklappen sitzen sauber arbeiten absolut synchron und haben kein Spiel. Die nachgeschalteten Drosselklappen in der Ansaugbrücke sind ebenfalls OK. Die Zündung ist sauber eingestellt.

Jetzt glaube ich, dass durch thermische Ausdehnung ein Spalt im Bereich der Ansaugbrücke entsteht und Falschluft gezogen wird. Dies würde das Abmagern des vorderen Vergasers erklären, aber auch den Anstieg der Drehzahl???

Bevor ihr euch jetzt an die Ferndiagnose wagt, hier noch zwei Hinweise:
Alle 6 Kerzen zeigen ein durchweg normales Bild – das ist eher beruhigend. Offensichtlich scheinen die Vergaser unter Last bei geöffneter zweiter Drosselklappe wieder gleichmäßig zu arbeiten.
Eher unberuhigend ist, dass ich im Bereich der Drosselklappen und in der Ansaugbrücke eine Ölansammlung feststelle. Von der Entlüftung des Ventildeckelgehäuse über den Luftfilter kann dies nicht kommen. Die Verbindung habe ich im Testbetrieb unterbrochen.

So, das ist vorerst mal alles, was ich was ich zur Problembeschreibung sagen kann. Ich wäre dankbar für eine paar Tips und eine mögliche Erklärung des Verhaltens. Warum steigt die Drehzahl wenn der Motor auf Betriebstemperatur ist? Wo könnte die Falschluft eindringen? Woher kommt das Öl in der Ansaugbrücke?

Hier noch eine letzte Frage: wie wird die Ansaugbrücke, die die beiden hinteren Drosselklappen aufnimmt, demontiert?  Dies ist leider in keiner Dokumentation beschrieben. Ich sehe als einzigen Ansatzpunkt die vier Stehbolzen, welche die Vergaser aufnehmen. Offensichtlich scheinen die Stehbolzen komplett durch die Ansaugbrücke zu gehen und diese mit dem Ansaugkrümmer zu verbinden.

Vielen Dank für eure Hilfe
Heiner

Offline Matthias S

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Hallo Heiner,

die Strombergs sind wirklich zum Verzweifeln was die Abstimmung angeht. Im unteren Lastbereich sind die durchweg zu mager, so dass man die Schiebernadeln höher setzen muss um im unteren Lastbereich einen ruhigen Lauf hinzubekommen. Synchron Einstellung ist hier nicht so dramatisch, da die Ansaugbrücke eine Verbindung zwischen beiden Vergasern hat und das wenig Einfluss auf den Leerlauf haben dürfte. Auch wenn es komisch klingt - oft ist der Zündvereiler hier mit beteiligt. Bei Mehr Vorzündung geht auch das Standgas hoch - hier reicht eine etwas zu schwache erste Feder die mehr Vorzündung macht und der Motor von 700 auf knapp 800 U/Min geht. Daher habe ich immer auf die 1-2-3 Ignition umgebaut um hier mehr Frühzündung und eine angepasste Kurve fahren zu können.  Ich hab mal einen Blogpost beigefügt.
https://jaguarots.blogspot.com/2017/07/01072017-ruckbau-der-zundung-und.html

Ich habe das gesamte Abgas Emission System lahmgelegt - also die Drosselklappe und Gestänge ausgebaut, Bolzen in die beiden Wellen Einlässe im Krümmer geschraubt und die Vorwärmbrücke zum Krümmer demontiert und mit einem Deckel abgedichtet (kann man optisch auch drann lassen aber dann doch eine durchgehende Dichtung drauf um das abzuschließen)
An den Vergasern sind auch Bimetall Elemente drann zur Beiluft Mischung wenn der Vergaser kalt ist und der Choke gezogen wird.

https://jaguarots.blogspot.com/2015/05/18052015-die-vergaser-sind-komplett-und.html
https://jaguarots.blogspot.com/2016/04/15042015-der-auspuff-wird-montiert-der.html

Ich habe auch bei neu gemachtem Motor immer wieder viel Öl im Luftfilterkasten und Ansaugkanal - das scheint aber nicht so ungewöhnlich zu sein. Klassisches 20W50 Öl ist nicht so dick und bildet weniger Öldampf wie moderne Synthetische Öle. Ohne Unterdruck im Motor hat er aber immer leichter Ölverlust. Insofern muss man denke ich damit leben.

Auch bei mir waren die Kerzen immer schön, aber unten rum halt immer zu mager.

Im Grundsatz ist das WHB aber für die Einstellung der Strombergs ganz gut.

Falls Du Doku zu einigen Punkten brauchst - kurze PN - dann schaue ich mal was ich Dir per Mail senden kann.
Gruss Matthias


Offline ProjectJag

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Hallo Matthias,

danke für deine rasche Antwort.

Ich kann mir vorstellen, dass die Zündanlage hier eine Rolle spielt. Scheint mir eher aber untergeordnet. Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt eine 1-2-3 Zündung zu verbauen. Den signifikanten Anstieg der Drehzahl bei Betriebstemperatur habe ich jedoch nicht mit mehr Vorzündung in Verbindung gebracht. Kann es wirklich sein, dass die Drehzahl dann von einem minimum auf fast 2000 rpm?

Ich bin immer noch richtung Falschluft unterwegs.

Gruss Heiner

Offline Rolf Bohrmann

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Hallo Heiner,

prüfe doch einmal, ob der Querschnitt im Ansaug der / eines Vergaser(s) sich geweitet hat und dadurch an der Drosselklappe/n zu viel Ansaugluft durchströmt.

Rolf B.

Offline Dietrich

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Moin gents,

ich stimme Rolf zu. Das Theater hatte ich in ähnlicher Ausführung kürzlich bei zwei laienhaft überholten SU HS6 an einem Volvo Amazon. Der drehte bei 3000rpm plötzlich. Beide Vergaser ausgebaut und hinter die geschlossenen Drosselklappen im dunkeln Lichtquellen gehalten. Schon war der Fehler gefunden. Aber hier bereits im kalten Zustand.

kind regards
Dietrich

Offline Matthias S

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Sicherlich ist die Passform der Drosselklappen und auch das Gestänge hier wichtig. Das muss für das Standgas und Synchronisieren genügend Spiel haben. Auch Ölkohle im Bereich der Drosselklappen schadet, geht aber mit Bremsenreiniger gut weg. Das habe ich aber vorausgesetzt, dass die Drosselklappen bei Wärme nicht etwas klemmen und 100% zugehen, so dass nur die Leerlauf Mischdüsen aktiv sind. Klemmen tun sie gerne wenn nicht 100% synchronisiert bzw. eingepasst sind.
Gruss Matthias

Offline ProjectJag

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Hallo zusammen,

zunaechst mal danke fuer euer feedback.

Als ich heute morgen Rolfs Kommentar gelesen habe, hat das schon grundsaetzlich Sinn gemacht. Jedoch konnte ich mir nicht vorstellen, dass die thermische Ausdehnung zu einer Querschnittsvergroesserung von Gehaeuse gg. Klappe fuehren kann. Schliesslich dreht der Motor ja nur im warmen Zustand hoch.

Ich glaube der Hinweis von Matthias 'Klemmen tun sie gerne...' ist hier entscheidend. Ich habe eigentlich immer nur geprueft, ob die Welle der Drosselklappen im Vergaser sich wieder auf Anschlag zurueckdreht, nie die Klappen in der Ansaugbruecke. Diese haben ja auch entsprechendes Spiel und werden lediglich von einer Rueckholfeder in die Ausgangsposition zurueckgestellt.

Werde es gleich heute Abend mal pruefen und melde mich spaeter dazu.

Gruss
Heiner

Offline ProjectJag

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Ich bin auf der richtigen Spur!
Als der Motor warm war und die Drehzahl wie gewöhnlich auf 2000 rpm an gestigen war, habe ich die hinteren Drosselklappen vom Gestänge gelöst und die Welle der vorderen (Vergaser-)Drosselklappen entkoppelt, jede einzelne Drosselklappe manuell betätigt und spannungsfrei in Ausgangsposition zurückschnellen lassen. Schon war die Drehzahl unten - jedoch nicht so ganz, ca 1000 rpm bei komplett offener Standgaseinstellung waren es noch. Selbst als das Gestänge wieder verschraubt war und alle Klappen miteinander gekoppelt waren blieb die Drehzahl bei ca. 1000 rpm. Damit wäre ich voll zufrieden.
Jetzt heißt es erst mal beobachten ob sich ein stabiler Zustand einstellt.

Danke für eure Hilfe und die wertvollen Tips
Heiner

Offline Matthias S

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Hallo Heiner,
die Klappen im Ansaugtrakt steuern ja nur die Luftführung über die Abgaskrümmer im unteren Lastbereich, sind somit für Standgas irrelevant.
Die Klappen in den Vergasern müssen ganz schließen. 1000 U/Min sind eigentlich nur beim Automatik OK, der Schalter sollte bis auf 800 U/Min runtergehen. Wenn Du die beiden Schrauben löst, die die Klappen auf der Drosselklappen Welle halten und dann die Klappen schließt, lassen die sich einigermassen zentrisch im Vergaser wieder verschrauben. Mit Bremsenreiniger die Rückstände im Bereich der Drosselklappe auflösen und dann reinigen, dann klemmen die Drosselklappen auch meist nicht mehr - aber dafür müssen die Vergaser nochmal raus. Manchmal geht es auch, die Klappen vorsichtig ohne die Leerlauf Anschläge gut eingesprüht mit ein bisschen Druck ein paarmal bis Klappen Anschlag zu schließen, bis sie wieder einigermassen abdichten. Schau auch mal die Bimetall Elemente an, die fetten im kalten Zustand neben dem Choke auch etwas an bzw. erhöhen ein bisschen die Luftzufuhr. Die könnten auch verschmutzt sein und zu Falschluft führen. Die Vergaser zerlegen und im Ultraschall bad reinigen ist hier sehr hilfreich.
Viel Erfolg noch,
Matthias

Offline ProjectJag

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Hallo Matthias,

danke für deine Tips.
Ich dachte ich wäre beim Reinigen der Vergaser schon sehr sorgfältig gewesen. Da ich mit dem Positionieren der Klappen schon einen Teilerfolg hatte, muss ich hier sicher noch mal ran. Also Vergaser noch mal raus, zerlegen, reinigen und kontrollieren.

Bimetalle zum Abmagern bei Betriebstemperatur habe ich überholt und mit heißem Wasser synchronisiert. Diese arbeiten sauber und synchron.

Es wird also nicht langweilig

Gruss
Heiner