Der Jaguar S-Type ist eine schönes Auto - wenn nur der Innenraum im Ford-Look nicht wäre. Doch der 2,7 Liter große Diesel-Motor passt gut zu dem Oberklasse-Briten.Von Stefan Grundhoffhttp://www.netzeitung.de/img/0049/162049-1.jpg
In der Oberklasse machen die Geschäfts- und Firmenwagen einen beträchtlichen Anteil der Zulassungen aus. Ohne einen Diesel geht nichts. Das ist bei einem prestigeträchtigen Jaguar nicht anders. Diesel und Jaguar – das ist für viele nach wie vor ein Unding. Wir haben den Alltagstest gemacht und geprüft, ob ein Jaguar S-Type Diesel auch für kritische Gemüter ein echter Jaguar ist.
Die Geschichten gehen in die Vergangenheit zurück. Schönheit und Jaguar – das gehörte schon immer zusammen. Fast sämtliche Modelle sind Klassiker geworden – einer der jüngsten Klassiker ist der Jaguar S-Type. Geschwungene Formen und Augen, die nicht lügen können locken einen zum betörend schönen Brit-Beau.
Schnurren statt Grollenhttp://www.netzeitung.de/img/0051/162051-1.jpg
Der Kofferraum.
Beim Dreh des Zündschlüssels sollten da sechs oder acht bullig grollende Töpfe ertönen. Stattdessen gibt es nur ein sanftes Säuseln. Der S-Type macht auf zahmes Kätzchen und schnurrt deutlich vernehmbar im Wind: Ein Diesel.
Die Individualisten sind es, die sich in dieser Klasse für einen Jaguar entscheiden. Auch die lassen bei den Kraftstoffpreisen immer mehr den Kopf sprechen. Auf der Straße geparkt, ist von der Dieseltechnik nichts zu erkennen. Am Heck gibt es einen kleinen 2.7-D-Schriftzug. Doch die meisten werden ihn bei der Bestellung entfernen lassen. So sieht der Selbstzünder aus, die wie jeder andere Jaguar S-Type. Ein Understatement der anderen Art.
Zusammen mit dem PSA-Konzern entwickelte Jaguar ein 2,7-Liter-Dieselaggregat mit sechs Zylindern. Ein Doppelturbo bringt 152 kW/207 PS und 435 Nm an die Kurbelwelle. Es ist nicht die Leistung, die beeindruckt. Schließlich hat die Konkurrenz mindestens drei Liter Hubraum und über 220 PS. Doch die Kraftentfaltung beim S-Type läuft so lässig ab, wie man es von einem Jaguar gewohnt ist. Leise, niemals hektisch, dreht der Sechszylinder willig hoch. Das Motorengeräusch hält sich zurück und so ist es allein der Drehzahlmesser im wenig ansehnlichen Ford-Look, der uns sagt, was passiert.
Gewicht fordert seinen Tributhttp://www.netzeitung.de/img/0050/162050-1.jpg
Die Fahrleistungen bieten über 230 km/h Spitze und eine Beschleunigung 0 auf 100 km/h in knapp neun Sekunden. Dürfte es in dieser Klasse nicht eine Spur sportlicher sein? Es dürfte, aber die knapp 1,8 Tonnen Leergewicht fordern schließlich Tribut. Und langsam ist der Hecktriebler beim besten Willen nicht.
So ist der dieselgetriebene S-Type mit dem Dieselmotor noch mehr Cruiser als die anderen Jaguar-Modelle. Die versprochenen acht Liter Diesel pro 100 Kilometer ließen sich mit der gut abgestimmten ZF-Automatik kaum realisieren. Bei standesgemäßer Fahrweise dümpelte der Verbrauch zwischen 9,3 und 9,5 Litern Diesel vor sich hin. Wer weniger verbrauchen will, fühlt sich in einem Golf TDI sicher wohler.
Keine Euro-4-NormDoch trotz moderner Commonrail-Technik und limousinenhaftem Fahrspaß stellt sich der S-Type 2.7D selbst ein Bein. Die Automatikversion mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent schafft lediglich die Euro-3-Norm. Erst ab Ende des Jahres geloben die Briten Besserung und wollen mit Partikelfilter endlich auch Euro 4 schaffen. Hoffentlich ist das nicht zu spät, denn die Konkurrenz bietet nicht nur stärkere Aggregate und Euro 4, sondern mittlerweile auch interessantes Design, das polarisiert.
Das Fahrverhalten ist vorbildlich. Der S-Type läuft souverän und schluckt Bodenunebenheiten ohne jegliche Probleme. Im Grenzbereich ist er lammfromm, dürfte gerade auf der Hinterachse jedoch dynamischer sein. Das können andere in der Oberklasse besser.
Zu wenig Style im Innenraumhttp://www.netzeitung.de/img/0048/162048-1.jpg
Das Cockpit des S-Type
Bleibt die Frage nach einer Kombiversion. Schließlich verkaufen BMW 5er, Audi A6 und Mercedes E-Klasse als Hauptkonkurrenten besonders gut die mit Lifestyle-Attributen gepökelten Kombimodelle. Jaguar bietet beim S-Type mittlerweile einen Diesel, aber keinen Tourer, Kombi oder Avant. Dafür einen Innenraum, der uns streichelt und erschreckt. Instrumente und Bedieneinheiten passen einfach nicht zu einem edlen Jaguar S-Type. Zu viel Ford, viel zu wenig Style.
Dafür gefallen uns die gut konturierten Sitze und die gute Position zum Lenkrad. Die Pedale lassen sich elektrisch justieren - gegen Aufpreis. Bei der Liebe zum Detail schwächeln die Briten ebenfalls. Unglückliche Lichtbedienung am überfrachteten Lenkstockhebel und ein Navigationssystem, dass man nur im Stand bedienen kann. Bei dem ein oder anderen Detail würde ein Blick zur Konkurrenz nicht schaden.
Doch die Konkurrenz schaut gleichzeitig durchaus anerkennend zum S-Type herüber. Für gut 40.000-Euro bekommt man einen der schönsten Diesel auf dem Markt. Hoffentlich beizeiten auch als eleganten Kombi und mit Euro 4. Bei den teuren Extras hat der S-Type bereits zur Konkurrenz aufgeschlossen.
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