Jaguar bietet mit dem neu aufgelegten Daimler Super Eight
die Krönung des anspruchsvollen Understatements -
Gediegener wie authentischer Luxus
Von Leo Stein
Wir stehen vor der Fortsetzung einer Legende", beschwört Jaguar-Designchef Ian Callum die Zukunft von Daimler und erinnert an die große Vergangenheit dieser so distinguierten britischen Automarke. Im nunmehr neu aufgelegten Daimler Super Eight, dem nochmals luxuriöseren wie anspruchsvolleren Schwestermodell des Jaguar XJ, setzt der britische Nobelhersteller die lange Ahnenreihe der Limousinen mit dem charakteristischen geschwungenen "D" fort und relaunched nach siebenjähriger Abstinenz eines der letzten großen Traditionslabels britischer Herkunft.
Die seit 1960 zu Jaguar gehörende Marke folgt mit ihrer Rückkehr in den Luxuswagenmarkt jenen vielfach geäußerten Kundenwünschen, die mehr Exklusivität erwarten, als sie Jaguar mit seiner Modellspreizung bis in die Niederungen der Mittelklasse und dem Einsatz von diversen Ford-Komponenten bieten kann. Dagegen eröffnet ihnen die Marke Daimler jenen gediegenen wie authentischen Luxus, der genau ihrem Lebensstil entspricht - sozusagen die Krönung des anspruchsvollen Understatements.
Dabei gehen Name und Ursprung, mithin die Historie der Daimler Motor Company, auf den deutschen Konstrukteur Gottfried Daimler (Daimler-Benz) zurück, der mit dem ebenfalls deutschstämmigen, britischen Ingenieur Frederick Simms 1896 einen Vertrag über den Vertrieb seiner Motorentechnik in Großbritannien schloß.
Die feinen Daimler-Automobile machten sich schnell einen Namen in der besseren Gesellschaft und in Adelskreisen. Besonders John Scott-Montagu, britischer Parlamentarier und leidenschaftlicher Rennfahrer, war es zu verdanken, daß die Marke schon früh mit dem britischen Königshaus in Berührung kam. Bereits im Jahr 1900 machte Montagu den damaligen Prince of Wales (den späteren König Edward VII.) mit der Marke Daimler bekannt und begründete so die bis heute währende, enge Beziehung zum britischen Königshaus. Die berühmtesten Modelle waren in den 20er Jahren der Daimler Double Six V12, mit dem König George V. auszufahren pflegte, über die Sovereign- und Double-Six-Modelle der 60er Jahre bis hin zu dem zwischen 1968 und 1992 gebauten DS 420. Er galt lange als standesgemäßes Automobil für gekrönte und ungekrönte Staatsoberhäupter. Auch der neue Bannerträger, der Daimler Super Eight, wächst nicht aus dem Kennfeld der Vernunft heraus, sondern ordnet sich zunächst einmal den Gepflogenheiten der Marke unter, indem er postum den Nerv seiner Stammklientel zu treffen sucht. Das sind konservative Topverdiener mit anglophilem Stilempfinden, von der Gesinnung traditionell wie herrschaftlich, auch ein bißchen distinguiert, aber dennoch eher dem gepflegten Understatement verhaftet.
Und da kann der Daimler Super Eight voll punkten. Exquisit in der Ausstrahlung ist er über die Maßen geräumig und luxuriös. Dennoch nie protzig. Ein Auto für Connaisseure. Mit einem Meter Fußraum im Fond sitzt man in der zweiten Reihe besser als in der ersten - auch dank individueller Einstellmöglichkeiten der hinteren Einzelfauteuils -, schaut auf edle Klapptische und TV-Monitore, die in den Kopfstützen integriert sind, und genießt den Luxus des Gefahrenwerdens.
Daß Jaguar Cars für die Daimler-Revitalisierung die Langversion (5,21 Meter) des XJ mit dem typischen geriffelten Kühlergrill sowie größerem Chromanteil (Spiegel, Fensterrahmen, Heckleuchten) und exklusiven Außenfarben auswählte, liegt im Anspruch der Kundschaft, die vornehmlich hinten Platz zu nehmen gedenkt.
Und da sich ein Daimler als Transportmittel wichtiger wie hochrangiger Persönlichkeiten auch als Fluchtwagen bewähren muß, kommt unter der schönen Motorhaube das derzeit stärkste Stück Maschinenbau aus der Jaguar-Entwicklungsschmiede zum Einsatz - ein Achtzylinder-Kompressortriebwerk mit 395 PS. Da geht es dann - falls nötig - mit 250 km/h dahin.
Aber bitte auf Samtpfoten! Schließlich soll ja möglichst wenig Lärm ins Innere des Wagens dringen. Dazu hat man dem Super Eight sogar laminierte Scheiben für eine noch bessere Geräuschdämmung spendiert. Die sind auch nötig, immerhin wissen wir, daß der starke Motor nicht gerade ein "Pferdeflüsterer" ist. Eher als Sportskanone ersonnen, fehlt ihm ein wenig die Geschmeidigkeit, um in einem Daimler Dienst zu tun. Ein Zwölfzylinder (Double Six), wie ihn die Historie gemahnt, paßt nicht in den Maschinenraum - leider.
Auch bei diesem Automobil spielt die Psyche eine Rolle. Obwohl es sich beim Super Eight "nur" um einen veredelten Jaguar handelt, setzen die Briten auf die Kraft der Marke.
Selbst die prohibitiven 112 500 Euro dürften da keine abschreckende Wirkung ausüben. Schließlich gibt es kein gekröntes Automobil, das preiswerter zu haben ist.