Hallo Alex,
welcome to the club!
Ja, das mit den E-Type V12 ist so eine Sache! Speziell wenn sie warm gefahren sind! Wenn sie dann ohne Vorwarnung absterben passiert das meistens dort, wo man es garantiert nicht brauchen kann. Ich habe diese leidvolle Erfahrung auch über Jahre hinweg durcherleben dürfen und jedesmal gedacht, so das war's, jetzt ist endlich der Fehler gefunden. Denkste!
Zuerst einmal solltest Du den Benzinfilter ausbauen und wechseln. Dies wird sehr gerne von Vorbesitzern unterlassen, weil man schlecht bei kommt. Dabei ist ratsam, vorher den Tank ziemlich leer zu fahren und mittels öffnen der Tankablassschraube das restliche Benzin abzulassen. Danach die gesamte, über der Tankablassschraube befindliche Metallglocke abnehmen, um die sich im Laufe der Jahrzehnte im Tank angesammelten Verschmutzungen wie Rost, Sand etc. zu entfernen, die sich in der Glocke abgesetzt haben. Vor dieser Aktion nicht vergessen sich die benötigten Dichtungen neu zu besorgen!
Ein Überholen der Benzinpumpe kann auch nicht schaden, da die Membrane, die als Rückschlagverhinderer dienen eventuell nicht mehr abdichten und dadurch nicht genügend Druck aufbauen können, um die vier Vergaser mit ausreichend Benzin zu versorgen. Es kann natürlich auch sein, daß die Benzinpumpe innen mit Schmutzpartikel verdreckt ist - zum Beispiel durch angesaugte Lackfetzen, die vor den Membranen hängen und dadurch nicht genügend Benzindurchsatz möglich ist.
Die SU-Benzinpumpe der 12 Zylinder-Vergasermotoren sind Doppelpumpen; im Aufbau gleich denen der 6 Zylinder, nur eben alles zweifach. Und diese Benzinpumpen haben
Unterbrecherkontakte, die servicemäßig mit den Kontaktabständen einzustellen sind, beziehungsweise, bei Kontaktabbrand ausgetauscht und dann neu eingestellt werden müssen. Hierzu gibt es komplette overhaul-kits, die alle Dichtungen, Membrane, Unterbrecherbrecherkontakte etc. enthalten.
Spritseitig gibt es noch ein Druckventil in der Benzinrücklaufleitung in den Tank, welches direkt nach dem Vergaser links vorn (in Fahrtrichtung gesehen) in die Benzinleitung eingebaut ist. Dies dient dazu, den Druck in der Benzinleitung so zu halten, daß alle vier Vergaser gleichmäßig mit Sprit versorgt werden, bevor das überschüssig geförderte Benzin wieder über die "Leckleitung" in den Tank zurück geführt wird. Ist in diesem Ventil die Kugel undicht, zum Beispiel durch Korrossion oder die Spiralfeder gebrochen, die die Kugel auf den Ventilsitz drückt, entsteht in dem Bereich der Vergaser nicht genügend Druck, um alle Vergaser gleichmäßig mit Benzin zu versorgen, nach dem Motto, den letzten beißen die Hunde.
Vergaserseitig hatte ich öfter mit dem Problem hängender Schwimmerkammerventile zu kämpfen. Man soll es nicht glauben, daß wenn von vier Vergasern einer nicht mit Benzin versorgt wird und trocken läuft, die Leistung eines 272 PS starken Autos, das nur noch auf neun Zylindern läuft so in die Knie geht, daß einem auf der Autobahn die 2-Takt Trabbis davon fahren. Das Problem der Schwimmerkammerventile kann zwei Ursachen haben:
1) Superplus-Benzin hat Additive, die beim Verdunsten Rückstände bilden und in den Ventilinnereien sedimentieren. Wenn die Ventilschäfte nun durch die Schwimmer in der Stellung "Schwimmerkammer voll" ganz zurück gedrückt werden und den Zulauf des Benzins in die Schwimmerkammer abstellen, kann ein verhaken der Freigängigkeit des Ventilschafts durch die Sedimente auftreten, was selbst durch den hohen Druck der Benzinpumpe nicht mehr überwunden wird. Da nun diese Ventile nicht hundertprozentig schließen, wird über eine gewisse Zeit nach dem Abstellen des Motors über den immer noch vorhandenen Druck im Benzinleitungssystem, über die kleine Undichtigkeit am Ventilsitz die Schwimmerkammer doch wieder geflutet. Beim erneuten Starten läuft der Motor wieder perfekt, bis nach drei / vier Kilometer die Schwimmerkammer wieder leergefahren ist. Wenn dies nun nicht nur bei einem Vergaser so ist, sondern bei zweien, dann bleibt der Motor unweigerlich stehen. Es gibt hier nur einen Weg: Austausch der Schwimmerkammerventile, reinigen hift nur kurzfristig etwas, dann setzt sich an den Schäften an den noch vorhandenen Sedimentresten wieder so viel an, daß das Spiel von Neuem beginnt.
2) Die Ventilspitzen sind eingelaufen, verklemmen sich mit den eingelaufenen Nuten am Ventilsitz und geben die Öffnung zur Schwimmerkammer nicht frei. Das was dann passiert ist bereits unter 1) beschrieben. Hier hilft auch nur der Austausch der Schwimmerkammerventile.
Da man auch nie genau weiß, welcher Vergaser ein hängendes Schwimmerkammerventil hat - meistens ist es das am zuletzt geöffneten Vergaser, empfiehlt es sich bei dieser Aktion alle vier Ventile gegen neue auszutauschen.
Nun kann auch noch die Zündelektronik zum Absterben des Motors beitragen - speziell, wenn dieser sehr warmgefahren ist. Die im E V12 eingebauten Amplifier haben hitzeempfindliche Elektronikbauteile. Wenn diese temperaturmäßig angegriffen sind, funktionieren sie nur noch wie bei einem Zufallsgenerator. Manchmal funktionieren sie nach einem Aussetzer wieder monatelang, um anschließend wieder ständig verrückt zu spielen. Man will es dann einfach nicht glauben, daß es dieses Teil sein sollte. Viele E V12- Fahrer, die ich kenne konnten erst mit großem Aufwand überzeugt werden. Prüfen kann man nicht, ob sie kaputt sind oder nicht. Dies gelingt nur durch Austausch des gesamten Elements. Reparieren geht auch nicht, denn das Ganze ist mit Giessharz vergossen, sodaß man an die einzelnen Komponenten nicht drankommt. Wenn ein neuer Amplifier zum Einsatz kommt, sollte dieser aus dem Bereich des Motor-V vor dem Verteiler auf das obere Querrohr des Hilfsrahmens hinter dem Expansionsgefäß des Kühlers montiert werden, um dem Amplifier mehr Kühlluft zu geben und aus dem heißen Bereich des V über dem Motor zu entfernen.
Last but not least könnte auch das Ferrit-Element des Pick-Up (Hallgeber) im Verteiler defekt sein, wodurch keine Zündverteilung mehr entstehen kann. Hier wird es dann problematisch. Die Pick-Ups sind fast nicht mehr erhältlich und wenn, dann nur noch zu enormen Preisen aus "new old stock". Man kann sie auch instandsetzen, aber das ist eine andere Geschichte, die, wenn überhaupt von Interesse, Dino erzählen sollte.
Viele Grüße
Rolf B.