Nahezu perfekt, aber mit weniger Flair Neue Limousine, neue Designsprache – der Jaguar XF will in der oberen Mittelklasse Akzente setzen und hat das Niveau der Premium-Anbieter Audi, BMW, Lexus und Mercedes im Visier. Der XF steht ab sofort zu Preisen zwischen 49 370 (2.7 V6 Diesel) und 80 820 Euro (4,2 V8 Kompressor) bei den Händlern. Die nüchternen Daten vorab – so sie dies bei einem neuen Jaguar sein können: Vier Türen, fünf Sitze. 4,96 Meter lang und 1,87 Meter breit (damit zehn Zentimeter kürzer und zwei Zentimeter schmäler als ein Audi A8). 500 (mit Notrad) oder 540 Liter (mit Reifenreparatursystem) Kofferraumvolumen, bei umgelegter Rücksitzlehne zusätzlich noch einmal 420 Liter. Vier Motoren: 2,7-Liter-V6-Diesel (207 PS), 3,0-Liter-V6 (238 PS), 4,2-Liter-V8 (298 PS) und 4,2-Liter V8 Kompressor (416 PS). Der Verbrauch liegt mindestens bei 5,8 (Diesel) bis 9,1 Litern (Super V8) pro 100 Kilometer, höchstens und wohl auch meistens bei 10,4 (Diesel) bis 18,6 Litern (Super V8).
So weit, so gut. Doch wie steht’s mit dem Ambiente, das man von einem echten Jaguar erwartet, wie ist’s mit dem Flair, das eigentlich nur einem Jaguar eigen ist? Irgendwie ruft er unterschiedliche Reaktionen hervor: Begeisterung und Zweifel, gleichermaßen. Retro spielt keine Rolle beim XF, auch wenn Jaguar versucht, jede x-beliebige Linie mit denen altehrwürdiger Jaguar-Modelle zu vergleichen. Auf den ersten Blick erinnert er ein wenig an Aston Martin. Wer lange hinschaut, entdeckt vielleicht auch Züge des Ford Mondeo.
Wurzelholz, Aluminium und Leder sind nicht immer alles. Der XF ist zweifellos perfekt – Verarbeitung, Material, Anmutung, Ausstattung, technische Highlights. Aber der Nachfolger des S-Type ruft, trotz des beim Einsteigen rot pulsierenden Starterknopfes, kein pochendes Herz hervor.
Vielleicht ist er ja zu perfekt für einen Jaguar, der XF. Weil so durchdacht und harmonisch wohl eher ein Lexus daher kommt. Man braucht Zeit zur Eingewöhnung. . . Auch beim aus dem Mitteltunnel automatisch ausfahrenden Drehregler für das Automatikgetriebe (das Schaltgetriebe hat ausgedient).
Seine Krallen fährt der XF am eindrucksvollsten mit dem 4,2-Liter-Motor aus, am besten der mit Kompressoraufladung: Geht tierisch voran (wie ein Jaguar eben) und klingt bei Volllast wunderbar (eher wie ein Löwe). Agil, handlich, komfortabel, mit einer Lenkung, die etwas präziser sein dürfte, macht der XF eine gute Figur – bei jedem Tempo. Schade, dass das aktive Fahrwerk, CATS genannt, dem Super V8 vorbehalten ist. Denn die beste Motorisierung ist der V6-Diesel: Er erreicht akzeptable Verbrauchswerte und ist sehr leise. Zudem treibt das Aggregat den knapp 1,8 Tonnen schweren XF standesgemäß voran. 229 km/h reichen aus, 250 müssen es heutzutage nicht sein.
Luxus kann ein Jaguar dagegen nicht genug besitzen: Wie gesagt Starterknopf und Wählhebel, dazu Ambientelicht, Annäherungssensor für Licht und zum Öffnen des Handschuhfachs, 440-Watt-Soundsystem von Bowers & Wilkins, surrend öffnende Luftdüsen beim Einschalten zur Zündung, Warnsystem für den toten Winkel, dreistufige Stabilitätskontrolle. Der XF-Kunde freut sich über die Innovationen, ohne von ihnen überfordert zu sein. Schade, dass Jaguar die Schaltwippen am Lenkrad aus Kunststoff fertigt.
Leistung und Komfort stimmen, der XF ist sportlich und luxuriös – wie ein echter Jaguar. Die coupéhafte Linie steht dem XF zwar gut, das abfallende Dach verhindert aber, dass Erwachsene mit Gardemaß 1,80 im Fond nicht an mehr Kopffreiheit denken.
Dass der XF ankommt, beweisen die Bestellungen: Weltweit sind es 15 000, von den 500 deutschen Käufern – 60 Prozent Neukunden – haben 70 Prozent den leisesten Diesel seiner Klasse geordert.
Quelle: Donaukurier