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Autor Thema: Ohne den Diesel wäre Jaguar heute tot  (Gelesen 1688 mal)

Offline Kai Hoffmann

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Ohne den Diesel wäre Jaguar heute tot
« am: Mi.21.Jan 2009/ 19:18:41 »
Sagt der Motorenchef und stellt ein großes Auto vor, das 275 PS hat, aber nur 6,8 Liter verbraucht



Der Jaguar E-Type V12 war stets ein Siegertyp. Beim Quartettspiel galt der legendäre englische Sportwagen als aussichtsreiche Trumpfkarte und gewann oft in den Disziplinen Hubraum und Höchstgeschwindigkeit. Auch heute hätte man mit Modellen der britischen Traditionsmarke gute Karten in der Hand: was die Leistung betrifft, aber überraschenderweise auch, wenn es um den Verbrauch geht.

Ein guter Kandidat wäre der Jaguar XF. Rund ein Jahr nach ihrem Debüt erhält die mittlere Baureihe einen neu entwickelten Dieselmotor, der zu den kultiviertesten, saubersten und sparsamsten der Welt zählen soll. Die coupéähnliche Oberklassen-Limousine kommt mit durchschnittlich 6,8 Liter Kraftstoff 100 Kilometer weit.

Möglich macht dies ein Hightech-Aggregat, in das die Jaguar-Ingenieure ihren ganzen Ehrgeiz hineingesteckt haben. Erstmals befeuern den drei Liter großen V6-Motor zwei Turbolader, die sowohl in Reihe als auch parallel geschaltet werden können, automatisch und je nach Leistungsbedarf. Durch diese Neuheit im Motorenbau spricht der Sechszylinder extrem schnell auf Gaspedalbewegungen an und entwickelt schon kurz über Leerlaufdrehzahl ungewöhnlich viel Kraft, mehr als jedes Konkurrenztriebwerk. Selbst den bislang Besten in dieser Klasse, den drei Liter großen BMW-Diesel, übertrumpft der Engländer - wenn auch nur hauchdünn.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man in den Entwicklungsbüros im englischen Coventry die Augen verdreht, wenn nur das Wort "Diesel" fiel. Jedem klassischen Jaguarfahrer wäre die Pfeife aus dem Mund gefallen. Ein britischer Sportwagen mit Dieselmotor? Oh, my dear! Einen ähnlichen Kulturwandel macht derzeit Porsche durch. Nach dem Bond-Motto "Sag niemals nie" brach Jaguar, das seit vergangenem Jahr zum indischen Tata-Konzern gehört, schon am 20. Juli 2003 mit der Otto-Monokultur und wagte in dem neuen Einstiegsmodell X-Type den Schritt zum Selbstzünder. Spott und Kritik blieben nicht aus.

Zu Unrecht, denn der Vierzylinder-Diesel stammte vom Ford und verrichtete auch im Mondeo mehr als zufriedenstellend seinen Dienst. Tester von Fachmagazinen bescheinigten dem Motor hohe Laufkultur und einen niedrigen Verbrauch. 2004 folgte ein zweiter Diesel, diesmal ein 2,7 Liter großer Sechszylinder. Er wurde in Zusammenarbeit mit dem französischen PSA-Konzern und Ford entwickelt und debütierte im S-Type, dem Vorgänger der XF-Reihe. Peugeot und Citröen setzen den potenten und bemerkenswert leisen Motor in ihren Flaggschiffen 607 und C6 ein.

Heute ist Jaguar heilfroh, zwei Dieselaggregate im Programm zu haben, sicherten sie der Firma doch das Überleben. Denn die Kunden verlangten zunehmend nach den wirtschaftlichen Selbstzündern und entschieden sich bewusst gegen die durstigen Benziner. Im vergangenen Jahr lag bei Jaguar die Diesel-Rate in Europa bei 75 Prozent. "Hätten wir damals den Diesel-Schritt nicht gemacht, würde es uns vermutlich heute nicht mehr geben", sagt Motoren-Entwicklungschef Malcolm Sandford.

Bei der Entwicklung des neuen Diesel-V6 setzte Sandford seinem Team hohe Standards, denn auf keinen Fall sollte der Kunde irgendwelche Einbußen an Laufkultur und Fahrleistungen hinnehmen. So schöpft der Sechszylinder aus drei Liter Hubraum bis zu 275 PS und 580 Newtonmeter und übertrifft das Vorgänger-Aggregat (207 PS) damit um 33 Prozent, verbraucht aber zwölf Prozent weniger. Besonders stolz ist Motorenmann Sandford auf das Drehmoment. "Wir haben uns intensiv auf den niedrigen Drehzahlbereich konzentriert."

Hier wirken viele Dieselmotoren müde, weil der Turbolader erst Druck aufbauen muss, um seine Leistung einzubringen. Dem Jaguar-Diesel genügt dank seiner aufwendigen Ladertechnik eine halbe Sekunde, um aus dem Leerlauf heraus 500 Newtonmeter bereitzustellen. Für den Fahrer bedeuten solche Daten "sheer driving pleasure", Fahrspaß ohne Ende. Um ihn bei so viel sportlicher Fahrweise danach an der Zapfsäule vor Fehlbetankung zu schützen, hat Jaguar vorausgedacht. Eine Vorrichtung im Stutzen erkennt, wenn man vor lauter Sport-Begeisterung den kleineren Benzinrüssel einführen will, und schließt automatisch den Zugang.

Jaguar wird den neuen Diesel ausschließlich in Europa anbieten. Den Amerikanern bleibt das Fahrerlebnis im XF verwehrt - zumindest in den nächsten Jahren. Zwar würde sich der Motor, der schon die ab 2011 gültige Euro-5-Abgasnorm unterschreitet, auch leicht auf die strengen kalifornischen Bestimmungen umrüsten lassen, doch ist Jaguar das Diesel-Abenteuer in den USA noch mit zu vielen Risiken behaftet. "Wir beobachten zunächst das Engagement von Mercedes, BMW und Audi", sagt Entwicklungschef Mick Mohan.

Vorerst bleibt der XF auch die einzige Jaguar-Baureihe, die den Hightech-Selbstzünder erhält. Neben der 275-PS-Version, sie kostet ab 54 500 Euro, wird es auch eine Variante mit 240 PS geben. Sie startet bei 51 200 Euro. Ob das Aggregat auch für das Sportcoupé XK grünes Licht bekommt, beantwortet Jaguar mit einem Schulterzucken.

Hier könnte die Kundenakzeptanz erneut auf die Probe gestellt werden. Als sicher gilt dagegen, den Sparmotor in der neuen Generation der XJ-Limousine zu verbauen, die im September in Frankfurt auf der IAA ihr Debüt feiern und nächstes Jahr auf den Markt kommen wird. Schließlich hat Jaguar sich zum Ziel gesetzt, bis 2012 den Spritverbrauch und damit den Kohlendioxidausstoß seiner Flotte um 25 Prozent zu senken. Helfen soll dabei auch eine weitere Technik, die von den Ingenieuren einst genauso als Utopie verbannt wurde wie der Diesel: der Hybridantrieb, die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor. Partner wird für dieses Vorhaben der Getriebehersteller ZF aus Friedrichshafen sein.

Dennoch müssen sich bei all den Öko-Aktivitäten von Jaguar die Traditionsbewussten nicht die Haare raufen. Für sie hat Malcolm Sandford ebenfalls die passende Maschine entwickelt, einen brandneuen Fünfliter-Benzin-Direkteinspritzer. In der Saugversion leistet der moderne Achtzylinder 385 und mit Kompressor sogar 510 PS, genug, um den XF und XK in weniger als zwei Sekunden von 80 auf 120 km/h zu beschleunigen. Gute Chancen also, mit einem Jaguar erneut einen Stich im Quartett zu bekommen.

Quelle: die Welt