13. Juni 2007 Quelle: FAZAn den zum Verkauf stehenden Automarken Jaguar und Land Rover sind offenbar mehrere branchenfremde Investoren interessiert. In Londoner Bankenkreisen heißt es, die Beteiligungsgesellschaften Cerberus, Blackstone sowie Cinven hätten wegen eines Kaufs beim bisherigen Eigentümer Ford vorgefühlt. Der Verkaufspreis für Jaguar und Land Rover wird dabei auf insgesamt fast 6 Milliarden Euro taxiert.
Das rege Interesse der „Private-Equity“-Gesellschaften war erwartet worden, nachdem mehrere Konkurrenten aus der Branche einen Zukauf zwar erwogen, danach aber aus unterschiedlichen Gründen verworfen hatten. Die Aussicht, dass womöglich ein Finanzinvestor die Regie bei Jaguar und Land Rover übernimmt, sorgt indessen bei Politikern und der organisierten Arbeitnehmerschaft für Unruhe. Tony Woodley, Chef der Gewerkschaft Unite, appellierte an die britische Regierung, einen möglichen Kahlschlag bei den 19.000 Beschäftigten durch staatliche Intervention zu verhindern. Ein solchen Schritt schließt der scheidende Premier Tony Blair jedoch bislang aus.
Werbung für einen geordneten Rückzug gemachtUm mögliche Bedenken der heimischen Politiker zu zerstreuen, traf sich Ford-Manager Lewis Booth am vergangenen Dienstag mit dem für die Autoindustrie zuständigen Wirtschaftsminister Alistair Darling. Booth, der als Chef der zu Ford gehörenden Premier Automotive Group (PAG) die Nobel-Marken Jaguar, Land Rover und Volvo repräsentiert, warb in dem vertraulichen Gespräch um Verständnis für den geordneten Rückzug des amerikanischen Mutterkonzerns.
Ford hatte am Vortag offiziell bestätigt, die Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley beauftragt zu haben, um sämtliche „strategischen Optionen“ für seine Luxusmarken auszuloten. Um sich auf die Sanierung seines verlustreichen Stammgeschäftes in Amerika zu konzentrieren, gilt die Abgabe von Jaguar und Land Rover seitdem als ausgemacht. Offen bleibt dabei jedoch, ob beide Marken im Paket oder jeweils einzeln die Besitzer wechseln, heißt es jetzt im Umfeld von Jaguar.
Keine separate Ergebnisrechnung für LuxusmarkenFord favorisiere zwar eine „Paketlösung“, zeige sich aber bei Bedarf für Kompromisse bereit. Die beiden Traditionsmarken sind bei Teilen ihres Vertriebsnetzes und bei der Produktion eng miteinander verzahnt. Während dabei Jaguar 10.000 Mitarbeiter in Coventry, Birmingham und Liverpool beschäftigt, stehen bei den Stützpunkten von Land Rover in den West Midlands und in Warwickshire insgesamt 9000 Personen unter Vertrag.
Ford veröffentlicht keine separate Ergebnisrechnung für seine Luxusmarken. Bekannt ist allerdings, dass Land Rover ansehnliche Gewinne einfährt und Jaguar in der Verlustzone operiert. Ford verordnete dem langjährigen Kostgänger eine drastische Schrumpfkur, der erst kürzlich das legendäre Stammwerk in Coventry zum Opfer fiel.
Besondere Skepsis bei externen Investoren
Der Sparkurs bei Jaguar müsse sich unter neuer Regie fortsetzen, sind Fachleute überzeugt. Doch angesichts der angespannten Finanzlage wird der Einzug von branchenfremden Investoren mit besonderer Skepsis betracht: „Warum soll ein Finanzier die Sanierung von Jaguar schaffen, wenn daran zuvor Ford gescheitert ist?“, sagt Lord Bhattacharyya, Wirtschaftsexperte und führender Vertreter der regierenden Labour-Partei. Ford-Manager verweisen indessen auf die wachsende Expertise der Finanzgesellschaften im Autosektor.
Mitte Mai trennte sich Daimler-Chrysler von seinem verunglückten Engagement in Nordamerika, indem er die Mehrheit an Chrysler an Cerberus übertrug. An der Übernahme des amerikanischen Autoherstellers war zuvor Branchenrivale Blackstone interessiert. Nicht von ungefähr sind beide Gesellschaften jetzt als Interessenten für Jaguar und Land Rover im Gespräch.
Text: F.A.Z., 14.06.2007, Nr. 135 / Seite 18
Bildmaterial: AFP