Hallo zusammen,
XXXDas Auto hat fast 160000 km gelaufen und die Wahrscheinlichkeit von nachfolgenden Defekten ist nicht unerheblichXXX
naja, bei der Laufleistung sollte ein AJ6 doch eigentlich gerade seine Einlaufphase hinter sich haben - bei einem modernen Motor hier von einer nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit weiterer Defekte (oder auch nur von fortgeschrittenem Verschleiß) am Motor selbst auszugehen halte ich für sehr stark übertrieben. Ersetzt man die 1 durch eine 3, dann kann man darüber nachdenken.
XXX2.Komplettüberholung des Zylinderkopfs und der Ventilsteuerung ins Auge fassen (Spanner nicht vergessen)
3. Zustand des Shortblocks beurteilen und dessen Überholung erwägen.
4. Wenn 2. und 3. zu teuer kommt evtl. Tauschaggregat ins Auge fassenXXX
Ich glaube hier würde man, gerade bei den Punkten 3 und 4, mit Atomraketen auf eine Stubenfliege schießen. :

XXXVentile beim AJ6 Motor brennen "gerne" durch, wenn das Ventilspiel zu klein istXXX
Das stimmt leider - allerdings tun sie dies bei allen Motoren wenn das Spiel zu klein ist ... das Dumme dabei ist allerdings, daß Ventilspiel
einstellen beim AJ6 ein regelrechtes Drama ist im Vergleich zu anderen Motorkonstruktionen (daß das so dumm aber eigentlich gar nicht ist folgt weiter unten ...).
Das
Einstellen[/i] wohlgemerkt ... nicht aber das Überprüfen des Ventilspiels!
Es schadet nichts letzteres alle 100.000 km mal zu machen, dann weiß man wenigstens was Sache ist.
XXXDas liegt meistens daran, daß die sehr kostspielige, aber im nachinein Geld sparende 96.000 Inspektion geschlabbert wird. Hierbei sollte das Ventilspiel geprüft und eingestellt werdenXXX
Hmmm, wer sagt das eigentlich? Weder in den Wartungsvorschriften für den XJ40, noch in denen für den X300 ist eine Überprüfung des Ventilspiels vorgesehen - auch nicht bei der großen 96.000 km Inspektion.
Warum eigentlich nicht? Nun ja, es gibt so gut wie keine Übertragungsteile die einem natürlichen Verschleiß unterliegen, die Ventile selbst und auch die Sitzringe sind aus besonders gehärtetem Stahl. Zu großes Ventilspiel ergibt sich ja grundsätzlich aus Verschleiß der Übertragungselemente oder der Nockenwellen selbst, zu kleines Ventilspiel wird durch Verschleiß am Ventilsitz (entweder kopfseitig oder ventilseitig) oder aber durch "gelängte" Ventile verursacht.
Nehmen wir z. B. einen herkömmlichen älteren Motor, dessen Nockenwelle(n) die Ventile über Kipphebel oder Schlepphebel betätigt - eventuell sogar über Stößelstangen und eigene Kipphebelwellen: Hier kommt es naturbedingt zu (an sich unbedenklicher) Abnutzung dieser Übertragungselemente und somit zu einer Vergrößerung des Ventilspiels, das durch einstellen dann entsprechend ausgeglichen werden
muss. Auf der anderen Seite hatten solche Motoren in der Regel Zylinderköpfe aus Grauguss oder aber Leichtmetallzylinderköpfe mit Sitzringen aus Grauguss (auch das gab es!), wodurch auch die Ventilsitze einem natürlichen Verschleiß unterlagen (der sich bei diesem Konstruktionsprinzip unter Verwendung von bleifreien Kraftstoffen, insbesondere bei Motoren mit hoher Brennraumtemperatur (!), heutzutage ins Unnatürliche steigern kann). Verschleiß an den Ventilsitzen führt nun aber zu einer Verkleinerung des Ventilspiels, das ebenfalls durch einstellen ausgeglichen werden muss - andernfalls kommt es unweigerlich zu einem "Verbrennen" des Ventiltellers (meist fehlt zunächst nur eine kleine Ecke, was aber natürlich ausreicht die Kompression gegen null tendieren zu lassen).
Zurück zum AJ6: Hier betätigen die Nockenwellen
direkt[/i] ohne irgendwelche abnutzungträchtigen Übertragungselemente die Ventilstößel, die wiederum
direkt die Ventile herunterdrücken. Zwischen Stößel und Ventil liegt dabei ein kleines Ausgleichsscheibchen (Shim), durch dessen gewählte Stärke das vorgegebene Ventilspiel in der werksseitigen Produktion einmalig festgelegt wird. Ein Austausch dieser Shims gegen andere ist danach nur noch bei einer Reparatur des Zylinderkopfes erforderlich, z. B. nach einem Austausch einzelner Ventile, deren Sitzringe und grundsätzlich nach dem Einschleifen von Ventilen.
Eine Veränderung des Ventilspiels während der Nutzungsdauer des AJ6-Motors kann sich daher nur aus einem
Defekt heraus ergeben! Ein solcher Defekt kann dabei eine verschlissene Nockenwelle, ein verschlissener Stößel (in beiden Fällen würde sich das Ventilspiel
vergrößern oder ein verschlissener Ventilsitzring oder ein verschlissenes Ventil (in diesen beiden Fällen würde sich das Ventilspiel
verkleinern[/i] sein.
Schäden dieser Art lediglich nur durch einstellen des Ventilspiels zu kaschieren würde wenig Sinn ergeben und auch nur kurzzeitig einen mildernden Effekt erwirken (der in keinerlei Verhältnis zum enormen Aufwand des Ventilspieleinstellens beim AJ6 stünde ...).
Nockenwellen und Stößel bestehen aus oberflächengehärtetem Guss, liegt hier Verschleiß vor, dann ist diese gehärtete Oberfläche zwangsläufig abgenutzt und die Bauteile sind damit zu verschrotten (die weitere Abnutzung der nun zum Tragen kommenden nicht mehr gehärteten Oberflächen würde quasi wöchentlich drastisch zunehmen, was ein immer neues "Nachstellen" des Ventilspiels erfordern würde, von den im Inneren des Motors dann verteilten Metallspänen einmal ganz abgesehen ... übrigens ist Verschleiß an Nockenwellen und Stößeln (abgesehen von einzelnen Materialfehlern, die sich in der Regel aber schon in den ersten Lebensjahren des Motors zeigen) sehr stark abhängig von der Qualität des verwendeten Motoröls und dem Einhalten der Wechselintervalle.
Die Ventile selbst und ihre Sitzringe im Zylinderkopf sind hingegen nicht oberflächengehärtet, sondern sie bestehen aus gehärtetem Stahl. Verschleißerscheinungen an den Dichtflächen (sei es nun ventilseitig oder kopfseitig - also sitzringseitig) sollten aber ebenfalls nicht durch bloßes einstellen des Ventilspiels kaschiert werden, da hierdurch eine hundertprozentige Abdichtung nicht mehr gewährleistet werden kann - was wiederum zu einer Verschlechterung der Kompression und bei den Auslaßventilen zu deren Verbrennen führen kann (auch wenn das Ventilspiel selbst nun stimmen mag ...).
In diesen Fällen ist nach Sichtkontrolle zu entscheiden ob ein Einschleifen der Ventile durchgeführt werden kann oder ob diese Teile zu ersetzen sind. In beiden Fällen ist
danach natürlich das Ventilspiel neu einzustellen.
Gerade zum Thema Ventilspieleinstellen am AJ6 habe ich zufällig erst vor wenigen Monaten interessante Gespräche (unabhängig voneinander) mit zwei versierten Jaguar-Meistern hier im Raum Frankfurt geführt, die sich beide mit dieser Motorkonstruktion recht gut auskennen (der eine davon ist bei einigen Mitgliedern dieses Forums gut bekannt und hoch geschätzt

).
XXXDummerweise hört man ja zu kleines Ventilspiel nicht und man denkt, der Motor läuft ja mechanisch so schön leise...XXX
Doch, auch zu geringes Ventilspiel kann man durchaus akustisch wahrnehmen: Es äußert sich bei betriebswarmem Motor (nur dann!) durch ein dumpf klingenes "Hämmern" (eindeutig kein mechanisches Geräusch) bei Leerlaufdrehzahl. Man braucht allerdings ein geschultes Ohr um dieses geringfügige "Abblasen" in die Auspuffkrümmer während des Verbrennungstaktes heraushören zu können - das typische mechanische Geräusch zu großen Ventilspiels dürfte hingegen auch dem Laien zweifellos auffallen, letzteres tritt im Gegensatz zum leisen dumpfen Hämmern zu kleinen Ventilspiels am lautesten bei kaltem Motor auf.
Außerdem äußerst sich zu kleines Ventilspiel durch Leistungsverlust und eine gewisse Unruhe im Motorleerlauf bei betriebswarmem Motor (aufgestellte Münze würde umfallen

).
XXXMit etwas Glück ist es mit dem Ertsetzen der defekten Ventile getan, die restlichen sollten aber in jedem Fall geprüft und neu eingeschliffen werden. Daß dann das Ventilspiel eingestellt werden muss, ist klar. Bei 24 Ventilen können da schon ein paar Stunden ins Land gehenXXX
Genau - wobei man bei der vergleichsweise geringen Laufleistung von lediglich 160.000 km nicht zum pauschalen Einschleifen aller 24 Ventile raten sollte ... immerhin müssen dann für alle 24 Ventile neue Shims nach der Formel genau berechnet und einzeln bestellt werden.
Dennoch würde ich es selbst natürlich auch so machen.
XXXder zylinderkopf muss nicht unbedigt geplant werden wenn die kopfdichtung nicht defekt war oder das fahrzeug heiss geworden ist. das kann man mit einem haarlineal prüfenXXX
Das ist richtig, ein kurzes Abziehen des Kopfes kann allerdings auch bei ansonsten völlig geradem Kopf u. U. die Qualität der Dichtflächen insbesondere rund um die Kühlmittelkanäle erhöhen - aber auch hier sollte man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen ... und immer bedenken, daß einmal abgetragenes Material für immer weg ist ...
Man muß das im Einzelfall nach dem Prüfen mit dem Haarlineal und einer Sichtkontrolle der Dichtflächen entscheiden.
In diesem Zusammenhang vielleicht noch ein Wort zu den unterschiedlichen Zylinderkopfdichtungen:
3,2-l, 3,6-l und 4,0-l haben alle grundsätzlich die gleiche Zylinderkopfdichtung - allerdings gab es im Laufe der Jahre erhebliche Qualitätsunterschiede! Die ursprüngliche Dichtung des 3,6-l kann sicherlich bedenkenlos als Fehlkonstruktion bezeichnet werden. Mit der Einführung des 4,0-l kam gleichzeitig eine stark verbesserte Ausführung der Zylinderkopfdichtung zum Einsatz, dennoch konnte es auch hier noch unverhältnismäßig oft zu Schäden kommen, die durchschnittliche Haltbarkeit konnte damit aber auf ca. 100.000 km erhöht werden. Erst seit wenigen Jahren (!) ist nun eine erneut erheblich verbesserte Dichtung erhältlich (NBC2520AB) die, nach zahlreichen hier nicht genannten Zwischentypen von nicht nennenswert höherer Haltbarkeit, das Problem endgültig und dauerhaft gelöst zu haben scheint.
Aus diesem Grund sollte man beim Kauf einer neuen Zylinderkopfdichtung auch sorgfältig darauf achten nur diese neueste Ausführung ausgehändigt zu bekommen! Dichtungen aus Altlagerbeständen (sei es nun aus einer verstaubten Ecke des lokalen Jaguar-Händlers oder von einem Sekundäranbieter) sollten nicht verwendet werden und müssten eigentlich verschrottet worden sein.
Hochinteressant finde ich auch die mir von den schon o. g. Personen berichteten Erfahrungen, daß in den meisten Fällen die Kopfdichtungen des AJ6 nach einer Autobahnfahrt beim ersten Anlassen danach "plötzlich" defekt sind und der Motor oft erst gar nicht mehr anspringt oder vernünftig läuft. Mir wurde von einem regelrechten "Einsammeln" der XJ40 gerade von den Autobahntankstellen (!) hier im Umkreis in früheren Jahren berichtet ...
Aus diesem Grund vermeide ich es auch nach einer Autobahnfahrt den Motor abzustellen, wenn es sein muss fahre ich zum Tanken lieber von der Autobahn runter und lasse den Wagen einige Kilometer "auslaufen" - und selbst dann stelle ich den Motor nicht sofort ab (auch nicht im normalen Fahrbetrieb ... das Abstellen des Motors ist immer das Letzte
nach dem Abschnallen usw. erst unmittelbar vor dem Aussteigen).
XXXmeiner meinung sollten die rep. in finanziellen rahmen ablaufen und mann muss abwägen ob das fahrzeug den aufwand lohntXXX
Zweifellos - an einem insgesamt verbrauchten Fahrzeug, das vielleicht die letzten Jahre sogar "wartungsfrei" verbringen musste, lohnt der Aufwand nicht. Und mit lebensverlängernden Maßnahmen an endzuverbrauchenden Fahrzeugen zum Fast-Nulltarif um sie noch eine Weile traurig am Rollen zu halten mag ich mich nicht beschäftigen.
Der grauselige Begriff der "Zeitwertgerechten Reparatur" mag auf einen Volkswagen oder Mercedes Diesel anwendbar sein, bei einem Jaguar sollte er jedoch meiner Meinung nach nicht greifen ... es würde wenig Sinn ergeben und nur das Leid verlängern (auch das des Besitzers ...).
Abschließend noch ein letztes Wort zum Ventilspiel aus eigener Erfahrung:
Neben den technisch vorgegebenen unterschiedlichen Ventilspielmaßen bei kaltem und betriebswarmem Motor kann das aktuell messbare Ventilspiel auch von den unmittelbar zuvor stattgefundenen Betriebsbedingungen des Wagens abhängig sein!
Wurde der Wagen mehrere Wochen nur für Kurzstrecken (kürzer als etwa 60 km und keine Autobahnen) genutzt, dann können natürliche Ablagerungen auch an den Ventilsitzen zu einer zeitweiligen Vergrößerung des Ventilspiels führen. Ich beobachte das an meinem eigenen Wagen immer wieder sehr schön, wenn ich einmal zwei Wochen lang nur morgens ins Büro und abends wieder zurück gefahren bin ohne ihm den notwendigen Auslauf zu gönnen: Am noch nicht betriebswarme Motor tickern dann zunächst einige Ventile aufgrund (temporär!) zu großen Spiels, was nach wenigen Kilometern natürlich restlos verschwunden ist und auch nur im Leerlauf zu hören ist. Die Katze will mir damit aber nur zu verstehen geben, daß es ihr nach Auslauf verlangt - hat sie ihn bekommen tickert auch bei kaltem Motor für die nächsten Wochen kein Ventil mehr.
Nun stellt Euch einmal vor man würde stattdessen übereifrig (und sinnlos, wie oben beschrieben ...) das Ventilspiel verringern um das Tickern bei kaltem Motor abzustellen ... sobald die Ablagerungen nach dem nächsten Auslauf verschwunden sind wäre das Ventilspiel nun zu klein ... mit den unausweichlichen teuren Folgen ...
Ventilspieleinstellen sollte also sorgfältig vorbereitet und gründlich überdacht sein - meiner Meinung nach nur am ausgebauten Kopf und nach dem Einschleifen der Ventile ... und genau für diese Situationen ist es auch von Jaguar, sicherlich nicht ohne Grund, auch vorgesehen.
Eine reine Kontrolle nach rund 100.000 km schadet aber natürlich nichts (sofern man die Spielregeln beachtet und sich nicht von eventuellen Ablagerungen ins Bockshorn jagen läßt!) - dann weiß man wenigstens wo man mit dem Motor verschleißmäßig dran ist.
Alle diese Ausführungen betreffen ausdrücklich nur den AJ6 bzw. AJ16 - sie sind größtenteils nicht auf andere Motorkonstruktionen übertragbar!
Viele Grüße
Peter