Liebe JAG-Freunde
Nach 2,5 Jahren denke ich, dass es an der Zeit ist, eine erste Zwischenbilanz zu erstellen.
Frühjahr 2005: Im Bewusstsein, das Mobilität mehr als die Fortbewegung von Punkt A nach B sein kann reift in mir nach und nach der Entschluss, mir endlich einen alten Jugendtraum zu erfüllen – ein Sportwagen muss her.
Nur welcher? Die Auswahlkriterien sind klar:
· Kein „Allerwelts-Auto“ das jeder Lausbube fährt
· Kein Exote, wo die nächste Werkstatt 250km entfernt ist
· Alltagstauglich
· Bezahlbar
· Cabrio, sofern möglich
· Dann noch ein „emotionaler Faktor“, der sich schlecht in Worte fassen lässt – Ihr wisst schon

Da der Entschluss nun feststand, folgte die Umsetzung umgehend. Zunächst musste die 1. Hürde genommen werden - die Festlegung auf Marke und Modell. Tagelanges Stöbern in einschlägigen Internetbörsen grenzte die Auswahl der möglichen Kandidaten ein:
· Kein Mercedes – sehr gute Fahrzeuge aber ohne jeden emotionalen Faktor, außerdem steht an jeder Straßenecke einer
· 911er – sehr schnell aber alles Krawallschachteln ohne Komfort
· 928er – schon besser aber kein vernünftiges Angebot (wollte keine verbastelte Kiste mit 200.000km
· Jaguar XJS – noch nie persönlich kennen gelernt – muß mal sehen, könnte evtl. passen
Nach Studium des potenziellen Angebotes fixierte ich die Investitionskosten auf rd. 15.000€. Nun ging es an die 2. Hürde: Meine Frau musste überzeugt werden. Hier empfehle ich übrigens als idealen Zeitpunkt zum Lostreten dieser Art von Diskussion immer Samstag morgen, bei Frühstückskaffe so kurz nach dem Aufstehen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Gegenwehr noch sehr gering, alle Beteiligten sind noch entspannt und mit guter Vorbereitung der Argumentationskette war das positive Ergebnis der Verhandlung nach wenigen Minuten eingetütet.
Somit ging ich nun an die operative Umsetzung meines Planes. Da ich leider nicht sehr viel Ahnung in der Beurteilung eines gebrauchten Autos hatte, widmete ich mich abermals der Internet-Recherche und bin u.a. auf dieses Forum gestoßen. Hier an dieser Stelle übrigens ein großes Lob an die Betreiber und alle Beteiligten, da der überaus reiche Fundus an Information, im Besonderen der Kaufberatung, eine wesentliche Hilfe für mich als Greenhorn waren.
Mit der Kaufberatung bewaffnet, ging es nun an die Besichtigung des ersten Kandidaten in meiner Nähe in Ulm. Das Objekt meiner Begierde: XJ-S Cabrio, 12 Zylinder, Bauj. 1989, Farbe gunmetal, Innenausstattung schwarz, US-Modell, knapp 80.000km. Schon der erste Eindruck was äußerst positiv und irgendwie wusste ich schon, bevor ich mich überhaupt dem Wagen auf 5m genähert hatte, der ist es! (Soviel zum emotionalen Faktor). Im Großen und Ganzen waren alle in der Kaufberatung beschriebenen Punkte bis auf den bekannten Falz des Kofferraumdeckels in Ordnung und der Verkäufer konnte neben dem Wartungshandbuch auch alle Reparaturen und Wartungsarbeiten mit Rechnung belegen. Leider Hatte der Wagen in den letzten Jahren keine Jaguar-Werkstatt mehr gesehen, da die Arbeiten immer in einer Fremdwerkstatt ausgeführt wurden. Na ja – wie dem aus sei – wir wurden uns handelseinig, auch wenn vielleicht die Probefahrt etwas enttäuschte. Von 264PS hatte ich mir etwas mehr sportlichen Charakter erwartet.
Da der Wagen, wie schon erwähnt, in den letzten Jahren keine Vertragswerkstatt mehr gesehen hatte, brachte ich ihn zunächst zur Durchsicht in die Jaguar-Werkstatt in meiner Nähe. Auf die Anmerkung von mir, auch mal nach der Beschleunigung zu sehen, bekam ich die mehr oder weniger lapidare Antwort, ein XJS sei kein Rennwagen. Es mag nun jeder denken was er will, aber bei einer solchen Motorisierung und etwas mehr als 9sec von 0 auf 100 darf man da schon mal nachfragen.
Nach Behebung mehrerer kleinen Wehwehchen und rd. 2000 EUR ärmer waren die kommenden 12 Monate geprägt von sorgenfreien Ausfahrten und dem unerschütterlichen Glauben an den britischen Automobilbau. Ich glaube es gibt kaum eine schönere Art, gepflegt Benzin zu verbrauchen, als mit dem XJ-S bei schönem Wetter über unsere schöne schwäbische Landschaft zu cruisen.
Die Zeit des Leidens begann dann im Spätsommer letzten Jahres. Ein lockerer Ventilsitzring hauchte ohne, zumindest für mich nicht hörbare, Vorwarnung meinem stolzen 12-ender jäh das Leben aus. Die Jaguar-Werkstatt meines schwindenden Vertrauens rief ca. 10.000 bis 12.000 Euro für einen Austauschmotor aus, falls sie überhaupt einen bekommen. Spontan stoppte ich alle Aktivitäten und begann mit dem, was man gemeinhin mit „networking“ bezeichnet. Zum Glück hatte ich noch einen Kontakt zu einer auf betagtere JAG´s spezialisierten Werkstatt in unserer Nähe, die sich dies auch für die Hälfte des Betrages zutraute. Gesagt – getan, wir transferierten den Patienten in seine neue Klinik und verpassten ihm in den kommenden Monaten über den Winter ein neues Spenderherz. Gleichzeitig wurden alle Schläuche erneuert sowie einige kleinere Arbeiten wie Überarbeiten des Wasserbehälters, der gerne von innen rostet, spülen des Kühlers usw. durchgeführt. Mit dem Einsatz des neuen Motors wurde auch gleichzeitig die US-eigene Abgasbehandlung rückgebaut. Da das Spenderherz die letzte 5,3l –Variante vor Einführung des 6l Aggregates war, verfügt dieses nun auch über eine kontaktlose Zündung und stärkere Zündspulen. Gleichzeitig wurde der Wagen auf EURO2 umgerüstet. Und das Beste an der ganzen Aktion war, dass fehlende Leistung nun kein Thema mehr ist. Das Kätzchen stürmt jetzt nach vorne wie es sich für einen Träger dieses großen Namens auch gehört und ich sehe meine Erwartungshaltung nunmehr als bedient an.
Dennoch – schon 3 Wochen nach dem die Katze wieder im Geschäft war stand es wieder nicht gut um ihre Gesundheit – der Klimakompressor hat gefressen. Was soll`s, abermals in die Vertragswerkstatt und 2800 EURO ärmer. Hatte meinen Wagen nach einer Woche wieder in der behüteten Garage zuhause, um ihm dann 2 Wochen später eine neue Batterie spendieren zu müssen.
Meine Frau hat mir übrigens nun vorgeschlagen, mich um einen Aushilfsjob zu bemühen. Es war nicht Samstag morgen beim Frühstückskaffee und sie machte auch keinen sehr entspannten Eindruck auf mich.
Dennoch halte ich, zumindest bis auf weiteres, zur Katze. Die Hoffnung – das ist bekannt – stirbt immer zuletzt.
Grüß an all diejenigen, die das Tal der Tränen schon durchschritten haben oder noch bzw. wieder durchschreiten werden.
Euer
Irmin
PS: Hatte meiner Frau übrigens im letzten Jahr einen XJ-40, 4l, den sie als Hundeauto missbraucht, aufgeschwatzt (Samstagmorgens beim Frühstückskaffee) – der läuft wie ein Uhrwerk und macht keine Probleme. Eindeutig das bessere Auto.